Chor- und Orchesterkonzert in Düsseldorf

Evangelische Tersteegenkirche, Tersteegenstr. 88, 40474 Düsseldorf, 17.30 Uhr, Eintritt 8,-/5,- Euro

Nach drei Weihnachtskantaten mit dem Düsseldorfer Tersteegenchor freut sich die Sinfonia, mit jenem Klangkörper ein großes Chor- und Orchesterkonzert in der Julius-Limbani-Taufkirche, wie die Tersteegenkirche in Insiderkreisen geheißen wird, erneut gemeinsam bestreiten zu dürfen. Die Leitung teilen sich die entsprechenden Chefdirigenten der beteiligten Ensembles. In vier Connections drapiert ehrt das Konzert gleichsam vier Jubilare des Jahres 2009:

English Connection
HENRY PURCELL (350. Geburtstag, genaues Datum unbekannt)
Funeral Sentences for Queen Mary(orchestriert von Tobias van de Locht)
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL (250. Todestag am 14. April)
Konzert für Orgel und Orchester F-Dur op.4 Nr.4
Der alte Händel (Cembalo-Chaconne d-Moll orchestriert und mit drei neuen Variationen versehen von Tobias van de Locht)
German Connection
BERND ERICH BRINKMANN
Habanera
FELIX MENDELSSOHN-BARTHOLDY (200. Geburtstag am 3. Februar)
Kantate Wer nur den lieben Gott läßt waltenZwei Lieder ohne Worte:
I. Frühlingslied

Italian Connection
II. Venezianisches Gondellied (orchestriert von Tobias van de Locht, Uraufführung)
ENNIO MORRICONE
Gabriels Oboe aus The Mission (orchestriert von Tobias van de Locht, Uraufführung)

Austrian Connection
CHRISTIAN DOMINIK DELLACHER
Ah, Venedig!
JOSEPH HAYDN (200. Todestag am 31. Mai)
Missa brevis Sancti Joannis de Deounter Mitwirkung des Komponisten BERND ERICH BRINKMANN
und in Anwesenheit des Komponisten CHRISTIAN DOMINIK DELLACHER

ELFI VOSS, Sopran
Tersteegenchor Düsseldorf
Berger Kantorei (Einstudierung: Kim Bachmann)
Orgel und Leitung: ARNO RUUS
Sinfonia Düsseldorf
Leitung: TOBIAS VAN DE LOCHT

Henry Purcell schrieb auf den Tod der Queen Mary eine evokative Fanfare, die unser Konzert markig eröffnet wie weiland Stanley Kubricks Uhrwerk Orange. Die vorliegende Orchestrierung entspringt dementsprechend der Bühnenadaption Scherzo Kubrickoso. Aus dem Synchron-Musik-Theater III stammt auch die mit drei neuen Variationen versehene Orchestrierung der Händelschen Cembalo-Chaconne d-Moll. Der alte Händel, in beiden Welten zuhause, leitet perfekt von der English zur German Connection über. Die Orgelkonzerte wurden vom Meister selber in den Pausen seiner Londoner Oratorienaufführungen gegeben. Das Concerto in f hebt mit einem markanten Dreiklangsthema an. Der zweite Satz lebt von eloquenter Frage-Antwort-Rhetorik, bevor nach einem kurzen überleitenden dritten Satz eine Fuge das Konzert formvollendet beschließt.

Auch die nächsten beiden Komponisten haben mit der Insel zu tun: Während Mendelssohn dorten große Erfolge mit seinen Oratorien verbuchen konnte, studierte Brinkmann neben Musik auch Anglistik und fungiert heute als Studienrat für beide Fächer an einem Krefelder Gymnasium. Bei Mendelssohns Kantate handelt es sich jedoch noch um ein in Berlin entstandenes Jugendwerk, ein erstaunlich kompaktes und pragmatisches Stück, das barocken Kontrapunkt und beinahe heitere Klassiziät mit frühromantischer Empfindsamkeit verbindet. Musikalität, Spielfreude und Praxisbezug zeichnen auch die Werke des 1945 in Rheinhausen geborenen Bernd Erich Brinkmann aus, der sich auch als Leiter von Amateurorchestern auszeichnete wie z.B. dem Collegium Musicum Krefeld. Bei Brinkmanns Habanera handelt es sich um eine kurze und abwechslungsreiche Preziose, die etwas Farbe in die evangelisch-puritanische Klangwelt des Konzerts bringt.

Etwas Besonderes als Ergänzung zur Chorkantate stellen die Orchestrierungen zweier Lieder ohne Worte von Mendelssohn dar. Ursprünglich für Klavier bekommen die hellen Frühlingsfarben hoher Querflöten respektive dunkler morbider Töne zweier Klarinetten und eines Englischhorns dem Frühlingslied bzw. dem Venezianischen Gondellied erstaunlich gut. Paßt ersteres gut in unser Maiprogramm, leitet das zweite perfekt in eine kurze, aber stimmungsvolle Italian Connection über. Mit Morricone bleiben wir in Venedig, der jüngst u.a. Gabriels Oboe auf dem Markusplatz luzide in Szene gesetzt hat. Diese wunderhübsche Pièce aus dem Film The Mission, dessen sakrale Handlung das Stück gleichsam passend für unser Konzert macht, wurde von Tobias van de Locht auf Wunsch von Irmgard Nagel, Oboistin in der Sinfonia Düsseldorf, orchestriert, die auch die Uraufführung bestreitet.

Mit dem 1985 in Osttirol geborenen Christian Dominik Dellacher bleiben wir noch ein wenig in der Lagunenstadt: Die kurze Fantasie mit dem schönen Titel Ah, Venedig! entstand nach einer Konzertreise mit der Musikfabrik NRW dorthin. Die Uraufführung im Februar 2008 wurde ebenfalls von Tobias van de Locht dirigiert. Mit der Musik eines weiteren Österreichers klingt das Konzert mit Chor und Orchester aus: Haydns Missa brevis B-Dur ist unter verschiedenen Namen bekannt geworden, Missa Sancti Joannis de Deo, eingedeutscht Johannismesse oder Kleine Orgelsolomesse aufgrund des ausgedehnten Solos für dieses Instrument im Benedictus. Die Messe erfreut sich großer Beliebtheit, zumal sie an Solostimmen nur einen Sopran erfordert, und liegt in mehreren Fassungen vor: Die Originalfassung dauert dem liturgischen Gebrauch geschuldet nur 13 Minuten und sieht an instrumentaler Begleitung lediglich das Salzburger Kirchentrio (2 Violinen, 1 Kontrabaß) vor. Heute erklingt jedoch eine ca. sieben Minuten längere Fassung mit voller Orchesterbegleitung, in der fehlende Teile des Gloria mit Musik aus dem Credo und Agnus Dei ergänzt werden und umgekehrt. Dadurch daß dieses Material nun mehrfach vorkommt, erhält die Messe einen zyklischen und feierlichen Rahmen.