Arnold Sinfonie Nr.5 mit Rhein-Ruhr-Philharmonie
Jubiläumskonzert 30 Jahre Musik in der Universität
Freitag 7. November 2014 | 20.00 Uhr
AudiMax der Universität Duisburg-Essen | Segerothstraße Ecke Grillostraße | 45141 Essen
Samstag 8. November 2014 | 20.00 Uhr
Gebläsehalle der Henrichshütte Hattingen | Werksstraße 31-33, 45527 Hattingen
Tobias van de Locht dirigiert das Herbstkonzert 2014 der Rhein-Ruhr-Philharmonie. Solist in Tobias van de Lochts Auftragskomposition zum 25jährigen Orchesterjubiläum und in Erich Wolfgang Korngolds Cellokonzert ist Wassily Gerassimez, bevor das Pianisten-Ehepaar Kareev die Amadeus-Fantasia von Victor Chutchkov interpretiert. Als Vol. 2 seines Malcolm-Arnold-Sinfonien-Zyklus dirigiert Tobias van de Locht dann nach den erfolgreichen niederländischen und deutschen Erstaufführungen der Sinfonie Nr.8 hier des Meisters Fünfte, für viele die großartigste seiner neun Schöpfungen auf diesem Gebiet.
Programm
Tobias van de Locht
Ouvertüre, Walzer und Finale op.41 (Triptychon für Orchester mit Solovioloncello, Auftragswerk der Rhein-Ruhr-Philharmonie zu ihrem 25. Geburtstag, Uraufführung)
Erich Wolfgang Korngold
Konzert für Violoncello und Orchester C-Dur op. 37 (1946)
Victor Chutchkov
Amadeus-Fantasia (Variationen für zwei Klaviere und Orchester über ein Thema aus Mozarts Klavierkonzert A-Dur KV 414 , 2005)
Pause
Malcolm Arnold
Sinfonie Nr. 5 op. 74 (1960)
Rhein Ruhr Philharmonie
Solisten: Wassily Gerassimez, Violoncello
Annette und Atanas Kareev, Klavier
Dirigent: Tobias van de Locht
Konzerte
Jubiläumskonzert 30 Jahre Musik in der Universität
Freitag 7. November 2014 | 20.00 Uhr
AudiMax der Universität Duisburg-Essen | Segerothstraße Ecke Grillostraße | 45141 Essen
Samstag 8. November 2014 | 20.00 Uhr
Gebläsehalle der Henrichshütte Hattingen | Werksstraße 31-33, 45527 Hattingen
ZUM HEUTIGEN PROGRAMM
VORWORT DER RHEIN-RUHR-PHILHARMONIE
„Musik ist eine Geste der Freundschaft – die stärkste, die es gibt“. (Malcolm Arnold)
Beim ersten oberflächlichen Lesen des Jubliläumsprogramms der Rhein-Ruhr-Philharmonie mag sich mancher traditionell ausgerichtete Musikfreund stirnrunzelnd fragen: Nanu, lauter Komponisten, die mir nicht geläufig sind mit Werken, die sämtlich nach dem 2.Weltkrieg entstanden sind – damit soll ich mich anfreunden? Womöglich erwartet mich kakophonische Neutönerei, die mir im harmlosesten Fall unverständlich bleibt, im schlimmsten aber körperliche Beschwerden verursacht? In der Tat: Gerade aus den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts sind Musikwerke auf uns gekommen, welche das Konzertpublikum stark verunsicherten und spalteten. Der radikale Neuansatz der „Neuen Musik“, – Abkehr von der tonalen Ordnung zugunsten einer rationalen Durchorganisation und Determinierung aller musikalischen Parameter; schließlich Aufgabe formaler Ordnungsmuster zugunsten des gelenkten Zufalls - dies alles war nicht Jedermanns Geschmack. Vielen Musikfreunden erschienen die serialistisch konstruierten Produkte als kopflastig, die aleatorisch konzipierten als zu wenig strukturiert. Vielen gingen die darum kreisenden, mit musiksoziologischen Vokabular angereicherten Diskurse auf die Nerven. Damit schlug der an sich löbliche Versuch, nach dem Weltkrieg die Musik zu entideologisieren, ins Gegenteil um: Die musikalische Avantgarde war ausgesprochen wortgewandt, empfand sich als Speerspitze eines neuen politischen Bewusstseins und war in den Medien entsprechend präsent – doch die Konzertsäle blieben leer, wenn Werke zeitgenössischer Komponisten aufs Programm gesetzt waren. Das Publikum verweigerte sich den musikalischen Weltverbesserungen und wollte sich auch nicht dafür als fortschrittsfeindliche Bildungsspießer beschimpfen lassen. Es wollte keine „Kontra-Punkte“ und keine auditive Wahrnehmungserziehung mittels Geräuschkollagen, sondern sinnlich erfahrbare und gedanklich nachvollziehbare Musik. Solche wurde in Osteuropa und auf den Britischen Inseln komponiert, war stilistisch allerdings nicht von den Nachfolgern der Neuen Wiener Schule beeinflusst , sondern orientierte sich vielmehr an den Prinzipien der Spätromantik: Erweiterte Tonalität, entwickelnde Variation, farbiger Klang. Solcher Schein des Bekannten galt den Parteigängern der „Neuen Musik“ als hoffnungslos altmodisch, ist aber für das Verständnis hilfreich. Wenn man sich mit Musik Freunde machen will, muss man sich verständlich ausdrücken können, ohne sich gleich dem Verdacht plumper Anbiederung auszusetzen. Natürlich wird dabei auch vom Publikum eine gewisse Verständnisbereitschaft gefordert. Es ist sympathisch, dass Tobias van de Locht in seinem eigens für die Rhein-Ruhr-Philharmonie komponierten Stück auf bekannte Stilmittel und Satztypen wie Ouverture, Fuge, Walzer etc. zurückgreift, um ihnen neue Inhalte zu geben. Es macht Freude, ein so romantisch-klangprächtiges Violoncello-Konzert des lange totgeschwiegenen Erich Korngold zu entdecken. Es ist vergnüglich, die Eskapaden eines Mozart-Themas in einem bunten, parodistischen Stilmix von Viktor Tschutschkow zu verfolgen; es bringt sicher Gewinn, mit Malcolm Arnolds Symphonie ein ergreifendes Musikstück zu erleben - Musik eines Mannes, der die Höhen und Tiefen des Lebens kannte. Wie sagte Lessing? „Nichts geht über das laut Denken mit einem Freunde.“ Vielleicht lässt sich diese Aussage ins Musikalische erweitern:
Wie schön, wenn ein Komponist ehrlich zu uns ist, seine Gefühle zum Klingen bringt und uns durch sein Werk zum Mitfühlen anregt!
EINFÜHRENDE GEDANKEN DES DIRIGENTEN
Den Ausgangspunkt bei der Gestaltung des heutigen Konzertprogramms bildete der 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs. Erich Wolfgang Korngold hat selber in diesem Krieg als Soldat gedient, und wie kein anderer Komponist verkörpert Korngold die Belle Epoque, dem der Erste Weltkrieg ein jähes Ende setzte. Seitdem schien die Welt nicht mehr dieselbe. In der Musik, die Korngold und andere danach schrieben, war das Fin du siècle hier und da noch präsent, aber mehr als Reminiszenz. Im 1946 entstandenen Cellokonzert blitzt an manchen Stellen wienerische Walzerseligkeit auf, und überhaupt ziehen sich Walzer durch unser Programm wie eine idée fixe: Mein eigener Beitrag zum Jubiläum der Rhein-Ruhr-Philharmonie bringt im Mittelstück des Triptychons einen schwelgerischen Walzer, und auch Victor Chutchkovs Amadeus-Fantasie enthält eine Walzer-Episode, obwohl dieser Tanz zu Mozarts Zeit noch nicht bekannt war. Doch verbinden wir das Wienerisch-Nostalgische mit dem Dreivierteltakt, und alle Musikstücke des heutigen Abends haben miteinander gemeinsam, dass sie Neues, manchmal gar Skurriles bringen, aber dabei gleichzeitig zurückblicken in vergangene Epochen. Chutchkov bezieht sich in seiner Musik offen - sogar optisch! - auf das Rokoko, mein Stück enthält Anklänge an die Spätromantik (z.B. endet der erste Teil mit einer Brucknerschen Fuge), aber auch an den Jazz, der um die Zeit des Ersten Weltkrieges auch für die Orchestermusik entdeckt wurde (Ravel, Milhaud), und meinem Mentor Malcolm Arnold wurde von bornierten Kritikern gar Rückwärtsgewandtheit vorgeworfen, die nicht verstanden, wie originell Sir Malcolm sich eines Stilpluralismus bediente, um komplexe, aber allgemeinverständliche Gebilde herzustellen. Gerade seine Sinfonien sind streng strukturiert, aber durch die Einbeziehung von Tanz- und Marschidiomen (wie dies ja auch Gustav Mahler getan hat) ungemein wirkungsintensiv. Das ist Musik für jedermann, nicht für den Elfenbeinturm, und dieses war mir zumal beim heutigen Programm wichtig zu zeigen: dass Musik allen gehört, dem Bürgertum, nicht einer Adelsschicht, deren Privilegien spätestens mit dem Ersten Weltkrieg erloschen. Malcolm Arnolds Meisterwerk hat zwar direkt nichts mit Krieg zu tun, erst recht nicht mit dem Ersten Weltkrieg (Arnold wurde erst 1921 geboren), betrauert aber den Verlust von vier geliebten Menschen, die Malcolm Ende der 1950er Jahre verloren hat. Und eine Trauermusik ans Ende eines Gedenkkonzerts zum 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs zu stellen, schien mir legitim. Tobias van de Locht
ZU DEN EINZELNEN WERKEN
TOBIAS VAN DE LOCHT: Ouvertüre, Walzer und Finale
Das Triptychon mit Solocello op.41 stellt eine Mischung dar aus Sinfonie, Suite und Concerto grosso - aber am allerwenigsten handelt es sich um ein Cellokonzert. Das Soloinstrument konzertiert nicht mit dem Orchester, sondern ist innerhalb des Klangkörpers die wichtigste dramatis persona, die in der Ouvertüre jedes neue Motiv oder Thema vorstellt, aber die weitere Entwicklung den Mitspielern überläßt und sich nur hier und dort zu Wort meldet. Im Mittelteil des Triptychons wird die Musik tänzerisch, indem das Solocello einen Walzer aufs Parkett legt, bevor es in Teil III eine rhythmisch-perkussive Funktion erfüllt und mit der Marimba eine Art walking bass in wechselndem 5/8 und 7/8 Takt skandiert, über den sich Figuren anderer Soloinstrumente legen, wodurch die Musik den Charakter eines Concerto grosso erhält. Es handelt sich formal um ein Perpetuum mobile, wobei jeder Zyklus einen Ganzton höher beginnt. Beim siebten Durchlauf ist wieder die Ausgangstonart h-Moll erreicht. Trotz der mathematisch strengen Konstruktion ist es, wie der Komponist hofft, eine unmittelbar ansprechende Komposition geworden, die auch dem festlichen Anlaß des 25. Geburtstages der Rhein-Ruhr-Philharmonie würdig ist. TvdL
ERICH WOLFGANG KORNGOLD: Concerto in C für Violoncello und Orchester
Die Komponisten des heutigen Abends teilen die Gemeinsamkeit, dass sie alle auch für den Film tätig waren. Victor Chutchkov war Assistent des großen Ennio Morricone, Malcolm Arnold sogar Oscar-Preisträger, und auch aus meiner Feder stammen einige Filmmusiken, z.B. für den Kinofilm Kräkow oder die im NDR gezeigte Dokumentation Das Geheimnis der Schauspielkunst mit dem verstorbenen Jörg Pleva. Doch das Cellokonzert von Korngold IST eine seiner vielen berühmten Filmmusiken, denn es wurde 1946 für den Film Deception komponiert und basiert nicht nur auf Themen aus Filmen, wie es etwa in Korngolds Sinfonie oder im Violinkonzert der Fall ist, sondern erklingt 1:1 in dieser Form im Film. In Deception geht es nämlich um einen von Paul Henreid (Casablanca) gespielten Cellisten, der gegen Ende des Films sein (d.h. Korngolds) Mini-Concerto aufführt - mithilfe eines Tricks: Henreid sitzt selber hinter einem Cello, hält seine Hände aber hinter dem Rücken verschränkt, während die Cellistin Eleanor Slatkin (Mutter des Dirigenten Leonard Slatkin) unsichtbar hinter Henreid sitzt, die Arme um diesen legt und den Bogen führt. Das Playback dazu hat sie natürlich vorher aufgenommen. Die erste öffentliche Aufführung des Cellokonzerts in einem Satz fand in der Hollywood Bowl statt. Es spielte wieder Eleanor Slatkin, diesmal voll sichtbar - und nicht zu knapp, denn sie war zu der Zeit mit Leonard Slatkin schwanger - was Korngold zu der Satzbezeichnung veranlaßte: Allegro con embrio… TvdL
CD-Tips:
Mit Abstand beste Aufnahme: FRANCISCO GABARRO, Cello / National Symphony Orchestra / CHARLES GERHARDT, Dirigent, enthalten auf dem 1971 erschienenen RCA-Victor-Album The Film Music of Erich Wolfgang Korngold, von dessen Sohn George Korngold produziert, brillant gestaffelte Aufnahme, mit 11 Minuten ungemein schnell, aber nicht gehetzt, leider vergriffen, aber antiquarisch zu bekommen
Auch annehmbar (dafür einfach zu beschaffen): PETER DIXON / BBC Philharmonic / MATTHIAS BAMERT bei Chandos Records (2007), wesentlich breitere Lesart, ordentlich interpretiert, es fehlt aber deutlich das Feurige der von Gerhardt genial geleiteten Fassung
Weniger gelungen ist eine 1991 von JULIUS BERGER eingespielte CPO-CD unter der Leitung von WERNER ANDREAS ALBERT. Sonst ist dem Rezensenten nur eine (!) weitere kommerzielle Einspielung bekannt. Bei einem berühmten Komponisten wie Korngold und einem Werk dieser Qualität ist schier nicht nachvollziehbar, weshalb sich kein international bekannter Cellist sich des Konzerts angenommen hat! Wir sind daher gespannt auf WASSILY GERASSIMEZens Darstellung des Concerto in C! TvdL
MALCOLM ARNOLD: Sinfonie Nr.5
Sir Malcolm Arnold war einer der fruchtbarsten und erfolgreichsten Komponisten Großbritanniens des 20. Jahrhunderts. Er war Oscar-Preisträger für die Musik zu David Leans Film Die Brücke am Kwai, schrieb neben weiteren rund 80 Filmmusiken Musik zur Krönung von Queen Elizabeth II und zahlreiche Solokonzerte für berühmte Musiker wie Benny Goodman oder Yehudi Menuhin. Im Mittelpunkt seines Schaffens stehen mit seinen Sinfonien, die zwischen 1949 und 1986 entstanden, neun völlig voneinander verschiedene Schöpfungen. Nr.5 entstand 1960 und wurde unter Arnolds Leitung auf dem Cheltenham Festival für Neue Musik 1961 uraufgeführt. Sie ist ein verschlüsseltes Requiem auf den Tod von vier Freunden, die Sir Malcolm in den späten 1950er Jahren verloren hat: den Klarinettisten Frederick Thurston, den Hornisten Dennis Brain, den Tubisten Gerard Hoffnung (daher die vielen Solostellen für diese Instrumente) und den Choreographen David Paltenghi (daher der tänzerische Charakter vieler Stellen). Die Initialen von Gerard Hoffnung, die Töne g und h, bilden das Motto der Sinfonie, aus der fast alle Themen abgeleitet werden. Arnold arbeitet sowohl mit seriellen Techniken als auch mit schönen Melodien, was der Sinfonie einen Riesenerfolg beim Publikum bescherte, aber den Kritikern in den 60er Jahren, dem Jahrzehnt Stockhausens, suspekt war. Heute sieht man aber in der 5. Sinfonie nicht nur ein weiteres Meisterwerk aus der Feder von Malcolm Arnold, sondern eines der größten sinfonischen Meisterwerke des 20. Jahrhunderts.
Der erste Satz ist tempestoso überschrieben, was stürmisch bedeutet - und überrascht, denn der Satz entwickelt sein Material eher nüchtern-streng mithilfe serieller Techniken als dass er ein stürmisches Tongemälde mit breitem Pinsel malte; der romantische Überschwang, der ab dem zweiten Satz der Sinfonie evident wird, blitzt hier nur sporadisch auf in einer Musik so enigmatisch wie faszinierend. Die Klangfarben (der Anfang wird bestimmt von Oboe, Celesta und Harfe) sind schillernd und wunderschön.
Herzstück der Sinfonie bildet das herrliche Andante con moto, ein Klagegesang auf die verstorbenen Freunde, doch voller Anmut und Hoffnung in der als stabil, fast heroisch geltenden Tonart D-Dur, während der erste Satz teils atonal ist und nur manchmal das e-Moll als Haupttonart der Sinfonie durchscheint. Später im Satz kehrt die Klangwelt des ersten Satzes wieder mit oszillierenden Celesta- und Harfenfiguren.
Mit rhythmischen Verschiebungen und frechen Akzenten arbeitet das turbulente Scherzo, traditionell an dritter Stelle stehend. Übrigens sind die meisten von Arnolds Sinfonien nur dreisätzig; die Fünfte kommt äußerlich betrachtet konventionell daher in vier Sätzen mit einer normalen Länge von einer guten halben Stunde. Doch Arnold bricht hier und da, oder besser gesagt spielt mit den Konventionen, z.B. im Trio des Scherzos der 5. Sinfonie. Aber hören (und staunen) Sie selbst! Der Satz ist nicht völlig atonal gearbeitet, sondern führt uns durch alle möglichen Regionen, aber das Ende in E klingt irgendwie bewusst herbeigeführt und abrupt.
Im Risoluto des vierten Satzes wähnen wir uns zunächst durch das kraftvolle B-Dur-Thema in sicheren Gefilden, doch spielen die Streicher bald zu den beiden Piccoloflöten (üblich ist nur eine Piccoloflöte in einem Standard-Sinfonieorchester!) tonal völlig andere Figuren, die auf die Ambiguität der anderen Sätze zurückverweisen. Die Einbeziehung von Themen der vergangenen Sätze sorgt für zyklischen Zusammenhalt und ermöglicht eine hymnische Schlußsteigerung, doch am Ende ist nichts, wie es scheint!
Als ich einen Sommer auf dem Landsitz von Sir Malcolm Arnold verbrachte, befragte ich den Meister natürlich auch zu dessen 5. Sinfonie. Nur zwei Sentenzen konnte ich ihm, der frei von Allüren lieber über die Musik anderer Komponisten sprach, entlocken:
- The first movement is entirely mathematical.
- The fourth movement is NOT a march!
Ob es der Rhein-Ruhr-Philharmonie und mir gelingt, den vierten Satz nicht wie einen Marsch klingen zu lassen, sondern die Ironie, die Ambiguität und das Unstete zum Klingen zu bringen, mögen Sie entscheiden! TvdL
CD-Tips:
Referenz-Aufnahme: Malcolm Arnolds eigene Einspielung (1974) mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra (mit dem jungen Simon Rattle an den Pauken), die EMI nie aus dem Katalog genommen hat, und die zur Zeit auf der preisgünstigen Doppel-CD Arnold Conducts Arnold zusammen mit den Sinfonien Nr.1 und 2 zu haben ist
Immerhin vier weitere kommerzielle CD-Aufnahmen gibt es derzeit auf dem Markt (für eine 1960 entstandene Sinfonie ungewöhnlich viel, und alle zwischen 1999 und 2001 entstanden, was am 2001 groß gefeierten 80. Geburtstag des Komponisten liegt):
- Irish National Symphony Orchestra / ANDREW PENNY (Naxos)
- Royal Philharmonic Orchestra / VERNON HANDLEY (Decca)
- London Symphony Orchestra / RICHARD HICKOX (Chandos): alle drei idiomatisch gespielt und dirigiert von Arnold-Kennern (leider verstarb Hickox, der alle neun Sinfonien aufnehmen wollte, nach Nr.6, so dass der Zyklus mit Nr.7-9 von Rumon Gamba komplettiert wurde)
- Münchner Symphoniker / DOUGLAS BOSTOCK (Classico): die bislang einzige Aufnahme einer Arnold-Sinfonie mit einem deutschen Orchester, mit 29 Minuten für meinen Geschmack zu fix, aber dennoch eine sehr gute und mitreißende Einspielung TvdL
TOBIAS VAN DE LOCHT, Dirigent und Komponist, 1975 in Duisburg geboren, absolvierte ein Klavier- und Dirigierstudium in Düsseldorf und besuchte Meisterkurse in Chorleitung (Eric Ericson, Stockholm), Orgel (Daniel Roth, Paris) und Filmmusik (John Frizzell, Los Angeles). Nach Assistenzen u.a. beim Gürzenich-Orchester war er von 2004 bis 2008 Dirigent des Metropol-Orchesters, daneben Gastdirigent bei den Duisburger Philharmonikern und Orchestern in Hamburg, Dresden, Berlin und dem europäischen Ausland. Von 2008-2012 leitete er Kammerorchester und Jugendorchester in Kaarst und dirigiert seit 2008 die Sinfonia Düsseldorf, mit der er seit diesem Jahr die renommierte Düsseldorfer Reihe Klassik Meets Rock bestreitet, in der Sinfonieorchester mit angesagten Bands, z.B. den Toten Hosen zusammen auftreten, und seit 2012 auch die Sinfonia Königswinter bei Bonn. Seit 2013 ist er Composer, Arranger und Conductor-in-Residence des Ensembles VivazzA, das ungewöhnliche Musik an ungewöhnlichen Orten aufführt. Als Komponist schuf er Werke für Orchester, Chor und Kammermusik. Besondere kompositorische Schwerpunkte sind Musik für Kino (Kräkow) und Theater (Hamlet wurde mit seiner Schauspielmusik bereits sechsmal inszeniert), Musik für Kinder (Der kleine Hobbit, Elfen, Zwölfen, Drei Haselnüsse für Aschenbrödel) sowie viele Orchestrierungen und Bearbeitungen. Zur Zeit arbeitet er an einem Luther-Zyklus im Auftrag der Evangelischen Kirche, an Solokonzerten für Klarinette und Tuba und Beethoven- bzw. Prokofiev-Projekten für und mit Kindern. Musikpädagogisches und administratives Engagement sind ihm neben seiner dirigentischen und kompositorischen Arbeit wichtig, so arbeitet er viel mit Jugend- und Amateurorchestern. Besondere Förderung wurde ihm zuteil durch den großen englischen Komponisten Sir Malcolm Arnold, dessen Assistent und Freund er war. Tobias van de Locht ist der erste Dirigent, der alle neun Sinfonien des Meisters als Zyklus aufführt. Drei Dirigenten (Rumon Gamba, Vernon Handley und Andrew Penny) haben zwar auch alle neun Sinfonien dirigiert, aber als Zyklus nur für CD und Radio und nur einzelne Sinfonien öffentlich. Es ist unverständlich, dass Malcolm Arnold, der mit ca. 300 CDs der meistaufgenommene Komponist des 20. Jahrhunderts ist, im Vergleich dazu so selten im Konzertsaal erklingt, wo sich die neun großartigen Sinfonien unbedingt einen Platz erobern sollten, wie Tobias van de Locht findet. Daher werden unter seiner Leitung bis 2021, dem Jahr von Sir Malcolms 100. Geburtstag, alle neun Sinfonien in Deutschland erklingen. Tobias dirigierte am Königstag 2014 außerdem die niederländische Premiere der Sinfonie Nr.8 in Dordrecht bei Rotterdam mit großem Erfolg. Die Konzerte in Hattingen und Essen markieren Vol. 2 Malcolm-Arnold-Sinfonien-Zyklus.